Jahreslosung 2022 Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. Johannes 6, 37 (E) |
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Monatsspruch für Februar 2022 Zürnt ihr, so sündigt nicht, lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. Epheser 4, 26 (L) |
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Verantwortung übernehmen! Was heißt das für mich als Christ?
-Gemeindeabend aus der Reihe „Glauben, Fragen, Antworten“- Als
wir bei dem Gemeindeabend vor einiger Zeit über Gemeindewachstum
sprachen, wurde deutlich, dass die Paul-Gerhardt-Gemeinde nicht nur
in Zahlen, sondern auch im Geist wachsen will. Dieser Wunsch mündete
in der Vortragsreihe „Glauben, Fragen, Antworten“, die nun Dr.
Christian Neddens, Professor für Systematische Theologie an der
Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel, am 14. November
2019 eröffnete.
Seinen
Vortrag „Verantwortung übernehmen! Was heißt das für mich als
Christ?“ gliederte er in vier Hauptstücke, der sich eine lebhafte
Diskussion anschloss.
I.
Einführung
An den
Anfang seines Vortrages stellte Prof. Dr. Neddens Gottes Wort aus
Jeremia 29, 7: „Suchet der
Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für
sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's euch auch wohl“.
So deutlich
dieser Aufruf Gottes ist, so ungewöhnlich ist er doch in Ort und
Zeit. Der HERR sprach ihn zu der Zeit der babylonischen
Gefangenschaft, als seine Gläubigen als Minderheit in einer fremden,
feindlichen Umgebung lebten. Doch –so stellte Neddens klar- auch
heute seien wir Christen eine Minderheit und der kirchliche Einfluss
auf die Gesellschaft gehe zurück.
Dennoch
unterschieden sich unsere Einstellungen laut wissenschaftlicher
Untersuchungen nicht in vielen Dingen von unserem kulturellen
Umfeld. Allerdings weise die Statistik zwei besondere Ausreißer auf:
Zum einen würden Christen sich doppelt so oft gesellschaftlich
engagieren wie Nichtchristen, zum anderen würden sie ihren
Mitmenschen doppelt so oft vertrauen.
II.
Lutherische
Sozialethik
Daher
könnten die gute Werke -die soziale Verantwortung- die Beziehung des
Menschen zu Gott nicht verbessern, sondern hätten einen anderen
Maßstab: Nutzen sie meinem Nächsten?
III.
Gesellschaftliche Verantwortung im Gefolge der Reformation
Dieser neue
Maßstab und Blickwinkel habe sich auch auf die Gesellschaft
ausgewirkt. Erstens sei dem mittelalterlichen Tauschsystem
„Almosen-gegen-Seelenheil“ die Grundlage entzogen worden. Zweitens
habe plötzlich konkrete Hilfe und die Verantwortung für die eigenen
Bezüge (Familie, Stadt und Nachbarschaft) an Bedeutung gewonnen.
Prof. Dr. Neddens illustrierte das sehr anschaulich an verschiedenen
Werken von Lucas Cranach: Bei dem Bild
„Christus und die
Ehebrecherin“ steht Jesus der Sünderin nicht nur abstrakt bei,
sondern nimmt sie direkt an der Hand. Die „Caritas“
(Nächstenliebe) stellte dieser zum Beispiel als nackte Frau dar, die
Kinder stillt. Auch das Windeln sei Gottesdienst.
Durch diesen
Fokus auf das Konkrete und das eigene Umfeld habe die Familie, Haus-
und Stadtgemeinschaft eine enorme Aufwertung erfahren.
Orientierungspunkte des gesellschaftlichen Engagements seien das
jeweilige Bedürfnis und die Bildung (auch im christlichen Sinne) des
Nächsten geworden.
IV.
Die
lehrreichen Ausführungen Neddens‘ führten zu der Frage des Abends:
Was heißt Verantwortung übernehmen heute für mich als Christ?
Im Vergleich
zu Luthers Zeiten gab es eine massive Veränderung in der Wohlfahrt:
im Rahmen der Trennung von Staat und Kirche hat der Staat eine
Vielzahl der (ehemaligen) kirchlichen Aufgaben bei der Versorgung
der Armen, Alten, Kranken und Schwachen übernommen,
professionalisiert und institutionalisiert.
Konkreter
wurde Neddens, als er auf Toleranz im Sinne Martin Luthers hinwies:
Das Gewissen des Einzelnen sei zu achten. Dazu ergänzte er, dass der
Austausch mit Anderen und der Bibel das Gewissen forme.
Unser
Maßstab bei unseren gesellschaftlichen Bemühungen solle immer die
Barmherzigkeit Gottes sein, sodass wir weder der Gesetzlichkeit noch
der Gesetzlosigkeit anhängen. Abschließend erklärte Neddens welche
Frage wir uns stellen sollten: Was kann ich hier und jetzt
und mit meinen Möglichkeiten tun, um meinem Nächsten zu
helfen?
V.
Diskussion
Natürlich
lud schon die Fragestellung des Abends zu lebhaften Diskussionen
ein. Und natürlich folgten Fragen zu aktuellen politischen Themen,
dem Klimawandel oder zu Grenzen der Medizin, aber etwa auch zu der
Rolle der Amtskirchen während des Nationalsozialismus und vielem
mehr. Dass nicht alle Fragen zur Zufriedenheit Aller beantwortet
werden konnten, war nicht nur der Komplexität der Themen, sowie der
fortgeschrittenen Stunde geschuldet, sondern zeigt, dass Christen
nicht bei allen Themen einstimmige Auffassungen vertreten und dass
einseitige Parteinahme schwierig ist.
Dass die
Diskussion lebhaft, aber brüderlich verlief hatte mehrere Gründe,
die nicht zwingend mit dem hohen Verwandtschaftsgrad vieler
Anwesender zu tun hatte: das bereits erwähnte Vertrauen in den
Mitmenschen und die Achtung des Gewissens der Mitchristen.
Manchmal
sind es aber auch die kleinen Dinge: der liebevoll vorbereitete
Gemeinderaum samt Getränken und die hervorragende Möglichkeit, sich
nicht auf die sprichwörtliche Zunge beißen zu müssen – sondern in
reale Erdnuss oder Schokolade!
Darum gilt
mein besonderer Dank –neben Prof. Dr. Neddens für seinen
informativen Vortrag mit exzellenter Zitat-, Illustrations- und
Statistikauswahl- allen, die bei der Organisation des Abends
geholfen haben.
Als Zeichen
der Verbundenheit und als Dank für den „geliehenen Professor“ wurde
unter den 22 Anwesenden eine Kollekte in Höhe von 100 € zu Gunsten
der Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel gesammelt.
Lange her und doch ganz nah?
Der zweite Vortragsabend aus
der Reihe „Glauben – Fragen – Antworten“ fand am 20. Februar mit ca.
20 Gemeindegliedern statt und wurde von Prof. Dr. Jorg Christian
Salzmann geleitet. Er lehrt „Neues Testament“ an der Lutherischen
Theologischen Hochschule in Oberursel.
Prof. Salzmann bot in seinem einleitenden Vortrag
einen Überblick über geschichtliche Hintergründe der
neutestamentlichen Gemeinden und setzte den Schwerpunkt auf
Gemeinsamkeiten und Verbindungen, aber auch auf Unterschiede
zwischen den Gemeinden früher und heute.
Lange her…
Zunächst einmal gibt es offensichtliche
Unterschiede zwischen den heutigen Gemeinden und denen des NT:
● Damals war die übliche Regierungsform die
Monarchie, da Könige oder Kaiser herrschten.
● Die soziale Ordnung war ganz anders, z.B. war es
üblich Sklaven zu halten.
● Frauen spielten in der Gesellschaft nur eine
untergeordnete Rolle.
● Es gab im Umfeld der Gemeinden viele
verschiedene Gottheiten, die verehrt wurden. Damalige Christen
bekamen Schwierigkeiten, weil sie diese Götter nicht anbeteten.
● Das Neue Testament, das uns heute als
Glaubensgrundlage dient, gab es damals noch nicht. Die Evangelien
entstanden gerade erst und die Briefe des Paulus waren noch nicht
weit verbreitet. Grundlage des Glaubens war damals die Verkündigung
durch Apostel und Propheten.
…und doch ganz nah?
Trotz dieser vielfältigen Unterschiede, gibt es
auch Einiges, was wir mit den damaligen Gemeinden gemeinsam haben
und was uns verbindet.
● An erster Stelle ist das natürlich der Glaube an
Jesus Christus.
● So wie heute wurde man früher beim Eintritt in
eine christliche Gemeinde getauft, allerdings war damals noch die
Ganzkörpertaufe üblich.
● Auch damals versammelte sich die Gemeinde an
bestimmten Orten zu Gottesdiensten. Eine vollständige
Gottesdienstordnung ist im Neuen Testament nicht beschrieben. In den
Briefen an die damaligen Gemeinden findet man aber Hinweise auf
einzelne Teile der Gottesdienste. Die Verkündigung des Wortes Gottes
war wie heute die Predigt zentraler Teil der Gottesdienste. Es
wurden Lieder gesungen und Gebete gesprochen.
● Damals wie heute ist das Gebot der Nächstenliebe
ein Merkmal der christlichen Gemeinden. Aus der Bibel erfährt man,
dass sich Gemeindeglieder gegenseitig unterstützen und für die Armen
sorgten.
Von welchen Gemeinden erfahren wir
etwas aus der Bibel?
Beschrieben sind vor allem die Gemeinden, die der
Apostel Paulus auf seinen Missionsreisen gründete und denen er
später Briefe sandte. Meistens entstanden diese in Städten, wo es
Synagogen gab. Die ersten Gemeinden befanden sich an der Küste
Nordafrikas, im Gebiet der heutigen Türkei, in Spanien und Italien.
Außerdem entstanden Gemeinden in Jerusalem und Rom und sind im
Hebräerbrief und Jakobusbrief beschrieben. Es gab damals noch keine
festgelegte Gemeinde- oder Gottesdienstordnung. Durch die Briefe im
NT erfahren wir oft von Konflikten und Problemen in diesen
Gemeinden. Die Briefe enthalten auch Hinweise zur Gemeindeleitung.
Diese wurde teilweise „den Ältesten“ übertragen. Neue Ämter wurden
eingeführt, um Probleme zu beheben und die Arbeitslast zu verteilen.
Paulus nennt viele Eigenschaften, die ein Gemeindeleiter erfüllen
sollte.
Welche Orientierung wird für das
Gemeindeleben heute gegeben?
● Die Verkündigung von Gottes Wort und der
Gemeindeaufbau spielen
eine wichtige Rolle.
● Die Gemeindeglieder sollen füreinander sorgen,
sich unterstützen und Nächstenliebe praktizieren.
● Man soll Rücksicht aufeinander nehmen, wenn
Unterschiede zu Konflikten führen.
● Regeln, Ordnungen und Ämter können an die
Gegebenheiten immer wieder neu angepasst werden.
An den Vortrag anschließend konnten Fragen
gestellt und einige Aspekte im Gespräch darüber vertieft werden.
Beispielhaft sei hier nur die erste Frage und Antwort beschrieben:
Ist es in Ordnung unseren Gottesdienst am Sonntag
zu feiern oder müssten sie wie damals am Sabbat (Samstag) gefeiert
werden?
Ja, denn die Juden versammelten sich zwar damals
am Sabbat in den Synagogen zum Gottesdienst, weil das ein
arbeitsfreier Tag war, aber die ersten Judenchristen übernahmen
diese Tradition nur ganz am Anfang. Schon sehr früh trafen sich
christliche Gemeinden am Sonntag, weil dies der Tag der Auferstehung
des Herrn ist. Da damals am Sonntag gearbeitet wurde, traf man sich
sehr früh am Morgen und abends zu einem gemeinsamen Essen. In
unserer heutigen Gesellschaft ist Sonntag der siebte Tag der Woche
und zum Ruhetag geworden.
Wir danken Prof. Salzmann für diesen interessanten
Abend C. D
Eine
„Entdeckungsreise“ unter Corona-Bedingungen
Schon lange war der Abschlussabend der Reihe „Glauben, Fragen,
Antworten“ zum Thema „Eine Entdeckungsreise in das Land des
Predigthörens“ für den 7. Mai 2020 geplant. Dann aber schien Corona
dem einen Strich durch die Rechnung zu machen. Ein Gemeindeabend war
unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich. Was also tun? Einfach
ausfallen lassen? Mit den Verantwortlichen in der Gemeinde habe ich
mich beraten – und wir haben eine andere Lösung gewählt: Wir haben
zu einem Gemeindeseminar als Videokonferenz eingeladen. Über 30
Parteien, zum Teil mit mehreren Teilnehmer/-innen kamen zusammen,
nicht nur aus Braunschweig „und umzu“, sondern aus ganz Deutschland:
Gemeindeglieder, aber auch Pfarrer, die sich dafür interessierten,
wie das mit dem Predigthören so ist. Für die meisten von uns war das
Format Neuland. Kameras und Mikrofone mussten eingerichtet, an- und
abgeschaltet werden. Und wie ist das eigentlich, wenn man sich
virtuell „meldet“ und etwas sagen möchte? Aber insgesamt hat es
erstaunlich gut
Die inhaltliche „Entdeckungsreise“ begann damit, dass wir uns
grundsätzlich darüber Gedanken gemacht haben, was es mit dem Hören
auf sich hat, wie wir hinhören und weghören, Dinge überhören, wir
uns manchmal verhören, und manchmal uns das, was wir hören, ganz
schön zu Herzen geht. Mit Blick auf der Predigthören wurde deutlich,
dass es ganz unterschiedliche Arten gibt, Predigten zu hören:
konzentriert und kritisch, so, dass ich bei einem Aspekt hängen
bleibe, oder manchmal auch so, dass die ganze Predigt an mir
vorbeirauscht. Die Erwartungshaltungen, die Predigthörerinnen und
Predigthörer gegenüber einer guten Predigt mitbringen, sind nicht
weniger vielfältig. Dazu gehören der Wunsch, dass die Predigt einen
roten Faden haben möge, sie biblische Texte für die Gegenwart
auslege, etwas zum Weiterdenken dabei ist – und gerne auch etwas
Lebenspraktisches. Dabei wird deutlich, dass es fast unmöglich ist,
alle (durchaus berechtigten) Erwartungen mit einer Predigt zu
erfüllen. Gerade deswegen hilft es, sich der unterschiedlichen
Erwartungen bewusst zu sein, als Prediger in den Ausgestaltungen der
Predigten zu variieren und als Hörer auch Gnade walten zu lassen,
wenn diese eine Predigt womöglich den eigenen Vorstellungen nicht so
entsprochen hat wie eine andere. Vielleicht war es dann gerade eine
Predigt, die aber meine Banknachbarin in besonderer Weise
angesprochen hat.
Deutlich wurde in alledem, dass Predigthören nicht bloß etwas
Passives ist, sondern ganz im Gegenteil etwas ausgesprochen Aktives.
Jeder, der eine Predigt hört, bringt ja seine Erfahrungswelt mit und
verknüpft diese von neuem mit dem, was er in der Predigt gehört hat.
So geschieht beim Predigthören immer wieder das, was uns aus der
Bibel mit der Pfingstgeschichte bekannt ist, dass nämlich jeder Gott
auch in der Predigt in seiner eigenen Sprache reden hört, also so,
dass die Worte der Predigt in ganz unterschiedlicher Weise an die
verschiedenen Lebenswirklichkeiten andocken.
Auch hilfreiche Tipps fürs Vor- und Nachbereiten von Predigten gab
es noch am Ende des Vortrags: Von der vorherigen (gemeinsamen)
Beschäftigung mit dem Predigttext über das Mitschreiben während des
Hörens bis zu Predigtnachgesprächen reichten hier die Vorschläge und
Ideen.
In der anschließenden, angeregten Aussprache hakten Hörerinnen und
Hörer noch einmal an verschiedenen Stellen nach, berichteten von
eigenem Erleben, unterstrichen einige der Beobachtungen und fragten
nach, was das jeweils ganz praktisch heißen könne.
Christoph Barnbrock, Hörbuch. Eine Entdeckungsreise für
Predigthörerinnen und-hörer, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8469-0245-5,
20,00 Euro.
Impulse zur Gestaltung von Predigtvor- und -Nachgesprächen sind hier
nachzulesen:
https://www.selk.de/download/Predigtgespraeche.pdf.
Mit hat es Freude gemacht, mit so vielen engagierten Zuhörerinnen
und Zuhörern über das Thema nachzudenken und wünsche allen auch in
der Zukunft gewinnbringendes Predigthören.
Christoph Barnbrock
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