Jahreslosung 2022
Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Johannes 6, 37 (E)























Monatsspruch für Februar 2022
Zürnt ihr, so sündigt nicht,  lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Epheser 4, 26 (L)
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Angedacht!


"Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.“

Hebräer 4,12


LiDr. Andrea Grünhagenebe Leserinnen und Leser,

„Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“, so heißt es bei Goethe. Das Gefühl, etwas Schriftliches irgendwie im Griff zu haben, darüber verfügen zu können, es bei Bedarf zur Hand zu haben, ist damit sprichwörtlich geworden.

Gilt das eigentlich auch für die Bibel? Die Heilige Schrift ist Gottes Wort. Aber sie ist auch ein Buch. Bedeutet das, dass man Gottes Wort nun eben getrost nach Hause oder wo auch immer hintragen kann, es bei Bedarf benutzen oder auch nicht und es im Grunde auch beherrschen zu können?

Solche Überlegungen gehen immer davon aus, dass wir es sind, die etwas mit der Heiligen Schrift „machen“. Die Epistel am Sonntag Sexagesimae, an dem es im Kirchenjahr um das Thema „Wort Gottes“ geht, macht uns schonungslos deutlich, dass es in Wirklichkeit genau umgekehrt ist. Gottes Wort macht etwas mit uns.

Es handelt sich dabei nämlich nicht um unverbindliche Wörter zwischen zwei Buchdeckeln, sondern Gottes Wort ist lebendig, es ist Anrede, die gehört werden will, nicht wie ein Sachbuch, das unpersönliche Information bietet. Sondern die Heilige Schrift ist so persönlich, dass uns in ihr eine „Person“ begegnet, Gott selbst, der zu uns spricht.

Wie geschieht das? Auf ganz unterschiedliche Art und Weise, wenn wir alleine oder mit anderen in der Bibel lesen. Wenn wir die Lesungen im Gottesdienst hören und vor allem bei der Predigt. Denn diese ist die „lebendige Stimme des Evangeliums“, die gehört werden will. Es kann auch Situationen im Alltag geben, in denen uns ein Bibelwort in den Sinn kommt oder wir es wie zufällig irgendwo lesen. Und dann spricht Gott zu uns. Natürlich nicht jedes Mal in gleicher Intensität und in jedem Fall unverfügbar für uns. Aber doch immer so, dass er in unser Leben hineinspricht. Wir können und müssen nichts „machen“, damit das passiert. Es passiert einfach, weil Gott sein lebendiges und lebenschaffendes Wort aussendet.

Das Wort ist das Wort des Herrn und wenn es uns widerfährt, wie die Propheten im alten Testament es genannt haben, dann erfahren wir etwas von seiner Kraft. Dazu gehört auch die Erfahrung, dass es mehr ist als ein paar ermutigende Postkartenweisheiten. Gottes Wort kann uns auch kräftig in Frage stellen, es kann uns die Kraft seines Anspruches ebenso kräftig spüren lassen wie seines Zuspruchs, und das ist keinesfalls harmlos.

Gottes Wort ist nicht nur lebendig und kräftig, sondern es ist auch scharf und durchdringend wie ein zweischneidiges Schwert. Wenn man umgangssprachlich sagt, etwas sei eine „zweischneidige Sache“, dann meint man, die Sache habe zwei Seiten, zum Beispiel eine gute und eine schlechte. So ist das mit dem zweischneidigen Schwert aber nicht gemeint. Zweischneidig meint, die Klinge ist beidseitig geschliffen, sodass man sie mit der Vorder- und der Rückhand führen und bei Bedarf auch umdrehen kann, wenn eine Seite stumpf geworden ist. Ein solches Schwert ist eine sehr effektive Waffe und so präzise und scharf, dass es sogar den Knochen vom Knochenmark zu trennen vermag. Uns läge für einen solchen Vergleich die Vorstellung von einem Skalpell wahrscheinlich näher als die von einem Schwert.

Ein Schwert ist eine Angriffswaffe. Auch die Bibel weiß an anderer Stelle (Epheser 6,17) vom „Schwert des Geistes“ zu reden, das wir ergreifen sollen. Es mag sein, dass uns die Vorstellung, dieses Schwert zu führen und führen zu können und damit anzugreifen oder sich zu wehren uns noch ganz angenehm erscheint. Jedenfalls solange, bis man es im geistlichen und geistigen Kampfgetümmel im Nahkampf wirklich führen muss.

Aber wir wollen dem Gedanken nicht ausweichen, dass dieses Schwert, das Gottes Wort ist, zuerst in unser Herz dringt als ein Richter unserer Gedanken und Sinne. Gottes Wort deckt auf, was in unserem Herzen ist, die Gefühle, die Wünsche und die Gedanken und es richtet sie, wo sie Gottes Anspruch entgegenstehen. Wie schon auf den ersten Seiten der Bibel in der Geschichte vom Sündenfall beginnt jede Versuchung unseres Herzens mit der Frage: „Ja, sollte Gott gesagt haben …?“ (1. Mose 3,1) Gerne versuchen wir dann auszuweichen, innerlich wegzulaufen, nicht sehen zu wollen, was Gottes Wort uns zeigt über uns selbst. Aber dieser Richter der Gedanken und Sinne lässt nicht locker, vergleichbar mit dem Propheten Nathan, der es König David nach Ehebruch und Mord entgegenschleudert: „Du bist der Mann …“ (2. Samuel 12,7) – du hast diese Sünde getan.

Auch als Christen täuschen wir uns oft darüber hinweg, was in unserem Herzen ist. Es bleibt dabei, „das Herz ist ein trotziges und verzagtes Ding, wer will es ergründen?“ (Jeremia 17,9) Darum ist es gut für unseren Glauben, uns Gottes Wort auch da zu stellen, wo es uns anklagt. Oft spricht es in unserem Gewissen der, wo wir das zulassen, auch im (Beicht)-Gespräch mit Seelsorgern oder in der Predigt. Predigten dürfen der Gemeinde nicht die Kraft und Schärfe von Gottes Gesetz ersparen, weil sonst auch der Trost des Evangeliums verhallt. Ja, Prediger dürfen es sich nicht einmal selbst ersparen, sich aus ihren eigenen Worten richten zu lassen.

Gottes Wort kommt uns so nah, dass es buchstäblich durch Mark und Bein geht. Aber es ist nicht ein fremdes Wort, sondern es ist Anspruch als Freispruch unseres Vaters, der uns liebt. Und es ist gleichzeitig der Kirche anvertraut und ihr Kennzeichen, wie es in dem Lied „Es kennt der Herr die Seinen“ heißt:


„Er kennet seine Scharen,
am Glauben, der nicht schaut
und doch dem Unsichtbaren
als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeugt
und durch das Wort sich nährt
und vor dem Wort sich beuget
und mit dem Wort sich wehrt.“


Andrea Grünhagen

 

 Quelle: www.selk.de